
Where can I sign?Interview mit der Vorsitzenden des NAT-Kuratoriums Monika Bessenrodt-Weberpals
Die erste internationale Konferenz „Women in Physics“ in Paris bringt den Stein ins Rollen. Eine Forscherin des MIT Massachusetts Institute of Technology erzählt, wie ihr der Präsident zusätzliche Laborfläche verweigerte, während männliche Kollegen aus dem Vollen schöpfen konnten. Worauf die Zellbiologin einen Protestbrief entwarf und ihn mit „klopfendem Herzen“ und der Bitte um Feedback einer renommierten Kollegin vorlegte. Deren einzige Reaktion lautete: „Where can I sign?“ – hatte diese doch exakt dasselbe Problem.
Monika Bessenrodt-Weberpals erzählt diese Geschichte von 2002 noch nach über zwanzig Jahren mit sehr viel Herzblut. Sie selbst hat seither mehrfach unterschrieben und engagiert sich für die Physik und mehr Physikerinnen, für die NAT und mehr Vielfalt. Der Professorin für Physik und Geschlechterforschung und langjährigen Vizepräsidentin der HAW Hamburg ist klar: Wer etwas bewegen will, muss sich gemeinschaftlich aufstellen, strukturelle Barrieren benennen und Vorreiterinnen voranstellen. Seit September 2023 ist sie im Ruhestand und hat doch Ende 2024 den Vorsitz im Kuratorium der Initiative NAT übernommen. Grund genug, einmal nachzufragen.
NAT: Warum engagieren Sie sich so lange und jetzt ehrenamtlich für NAT?
Monika Bessenrodt-Weberpals: Die Themen von NAT sind auch meine: Jungen Menschen, Männern wie Frauen, die Naturwissenschaften und insbesondere die Physik schmackhaft zu machen. Und ich bringe mich deswegen so gerne ein, weil ich die Grundprinzipien teile: In Verbindung mit den Unternehmen und der Praxis schafft Anschaulichkeit einen ganz anderen Zugang zu Fächern wie Physik oder auch Mathematik – meinen Fächern. Ich folge dabei den Empfehlungen der Leopoldina „Frauen in der Wissenschaft“ von 2022 mit vier Aktionspunkten: Man muss erstens Strukturen ändern, zweitens Frauen ermächtigen und drittens sichtbar machen sowie viertens die Fortschritte dokumentieren. NAT ist dabei mit einem Programm wie mint:pink auf dem richtigen Weg und entwickelt stets neue Strukturen. Gern will ich die weitere Entwicklung begleiten und auch fördern.
NAT: Welche nächsten Schritte schweben Ihnen dabei vor?
Monika Bessenrodt-Weberpals: Wir sollten die Sinnfrage noch stärker erörtern: Für Jugendliche ist oft nicht klar, was man später etwa mit Maschinenbau beruflich macht. Dabei geht es um nachhaltige Beiträge für die Zukunft. In meiner Anfangszeit an der HAW Hamburg waren wir im Maschinenbau deutlich überbucht, inzwischen kriegen wir die Studiengänge mit Mühe voll. Was sich auch noch geändert hat: Die Schülerschaft wie auch Studierendenschaft werden immer heterogener. Wir sollten u.a. stärker auf Personen mit Migrationsgeschichte und auf deren Bedarfe schauen. Vielleicht müssen wir diese auch anders ansprechen. Eine Formatidee für NAT könnte sein, Studierende, die persons of color sind, stärker als Role Models auszuwählen, in die Schulen zu schicken und über ihr Studium berichten zu lassen. Ein hervorragender Ansprechpartner wären dabei die „Bunten Hände“, eine Studierendeninitiative der Arbeitsstelle Migration der HAW Hamburg.
NAT: Was wünschen Sie sich für Hamburg?
Monika Bessenrodt-Weberpals: Ich würde mir wünschen, dass Hamburg als Modellregion für MINT-Förderung auftritt: Es gibt hier so viel in der Stadt, wir könnten die ganze Bildungskette nehmen von der Kita über die Schule bis Studium beziehungsweise Ausbildung und das systematischer zusammendenken. Zugleich sollte die Stadt dies nachhaltiger fördern, weil die Stiftungen in der Regel nur Anschubfinanzierungen leisten. Im Moment gibt es in Hamburg viele verschiedene Einzelinitiativen und viele verschiedene Stiftungen, die alle sichtbar sein wollen und nicht immer für Kooperationen zur Verfügung stehen. Daher bietet sich die Chance für die Schul- oder die Wissenschaftsbehörde, sich des Themas anzunehmen und ein arbeitsteiliges Vorgehen zu koordinieren. Dann wären wir viel effektiver und könnten als Stadtstaat unsere Stärken ausspielen: Wir haben beispielsweise die Exzellenzcluster im MINT-Bereich, den DLR-Standort und das DESY – und könnten noch mehr Synergien daraus ziehen.