Möglichst weiblich
01.07.2019

Möglichst weiblich Neue Vizepräsidentin der TUHH will mehr Frauen ansprechen

Sabine will die Frauen für das Thema Digitalisierung gewinnen, Amelie die Menschheit vor dem Klimawandel retten und Iryna Lebensmittelknappheit mit Algen beseitigen. Drei ganz unterschiedliche Herausforderungen unserer Zeit und eine Gemeinsamkeit: Technik ist der Schlüssel. „Es gibt immer mehr technische Fragestellungen, aber der Markt an Ingenieuren und vor allem Ingenieurinnen ist nahezu leergefegt“, sagt Kerstin Kuchta. Die Professorin für Abfallressourcenwirtschaft ist gerade zur Vizepräsidentin der TUHH ernannt worden und hat in dieser Funktion Frauen zum Gespräch geladen: Neben ihrer Doktorandin Iryna Atamaniuk sind das Sabine Fernau und Antje Gittel von der Initiative NAT, die wiederum die beiden Schülerinnen Amelie und Kaja mitgebracht haben. Die Fragestellung, um die es bei diesem gut einstündigen Gespräch gehen soll: Für viele junge Frauen ist Nachhaltigkeit ein Thema und viele Ingenieurwissenschaften forschen daran: Warum aber gelingt das Matching nicht?

Traute triggern

Amelie hat Mathe auf erhöhtem Niveau gewählt und sich für das Profil Geo-Bio entschieden: „Ich hätte aber lieber Geo-Physik wählen sollen.“ Mit anderen Worten, die Begabung für die MINT-Fächer ist bei der Rissener Gymnasiastin auf jeden Fall da. Als der Schülerin aber durch Reaktionen ihrer Freunde und Lehrer bewusst wurde, dass ein Studium der Ingenieurwissenschaften für Frauen immer noch ungewöhnlich ist, kamen die Zweifel: „Es ist meine Angst, dass ich da nicht die gleichen Chancen habe wie ein Mann“, bekennt die 17-Jährige. Eine Angst, die Kuchta jungen Frauen unbedingt nehmen will – und dabei könnte sie selbst ein Vorbild sein, findet Sabine Fernau: „Sie als erste Frau an der Spitze setzen ein Signal und machen den Unterschied sichtbar!“ Etwa mit der Forderung: 2030 sind 50 Prozent der TUHH Studienanfänger weiblich!

Vorurteile verstellen

Die NAT Geschäftsführerin hat in ihrem Mädchen Mutmach-Programm mint:pink ein Speed-Dating mit Role Models etabliert und damit gute Erfahrungen gemacht: „Das Thema Bindung ist bei Frauen wichtig: Man lernt jemand kennen, der für seinen Berufsweg begeistert und der zudem nicht die üblichen Klischees erfüllt.“ Ein positives Beispiel aktueller Influencer seien Start-ups: „Egal wie unkreativ oder konservativ sie in Wahrheit sind, man verbindet fröhliche, selbstbestimmte Menschen am Tischkicker damit.“ Genau dieses schöpferische Bild hatte auch Kaja im Kopf, als die Physikprofilschülerin begann, sich für Technik zu interessieren. „Wir revolutionieren alles, wir erschaffen komplexe Dinge, das ist kreativ!“ Die 16-Jährige will Maschinenbau studieren und verblüfft mit ihrer begeisterten Schilderung auch die anwesenden Frauen: So haben sie das Fach noch nie gesehen! 

Schnittstellen schaffen

Dabei war es zunächst die Informatik, die Kaja in einem Juniorstudium ausprobierte, „aber ich wollte etwas zum Anfassen“, sagt die Ohmoor-Gymnasiastin. Als Aufbaustudiengang könnte sie sich Mechatronik, Robotik oder 3D-Druck vorstellen: „Sich an Computer setzen, ein 3D-Modell designen und ausdrucken – das ist magisch!“ Dinge verändern und konkret umsetzen, das geht in einem Ingenieurstudium, aber man müsste stärker gesellschaftliche und politische Aspekte integrieren, fordert Amelie. NAT Geschäftsführerin Fernau sieht Informatik generell als Querschnittstechnologie. An der TUHH gehört sie schon zu jedem Studium dazu. „Aber ist das Treiber oder Schreckgespenst“, fragt Kuchta. Kaja gehört zu den Getriebenen: „Technik ist integriert in unser Leben, das muss man zeigen!“

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