Wunderland für Wissbegierige
13.02.2014

Wunderland für Wissbegierige mint:pink besucht Miniaturwunderland Hamburg

Einmal aus der Vogelperspektive auf den eigenen Arbeitsplatz schauen – für Nicole Standke ist das wie Fliegen. Obwohl die 18-jährige noch lieber am Flugzeug schraubt, als damit abzuheben. Sie ist Fluggerätmechanikerin im ersten Lehrjahr. Zu Besuch im Miniatur Wunderland in der Hamburger Speicherstadt blickt sie auf die nachgebaute Wartungshalle der Lufthansa Technik und erklärt: „Die Ausbildungswerkstatt liegt genau dahinter, die ist hier nicht mehr mit auf der Anlage vertreten.“ Dafür ist ein A380 in Miniaturform dabei, der in diesem Moment donnernd auf der Landebahn aufsetzt. „Das sind teilweise richtige Originalaufnahmen vom Hamburger Airport, die wir hier einspielen“, erklärt Wunderland Mitarbeiterin Sabrina, nachdem der Lärm verebbt ist. 

Kleine Wunder, großer Aufwand

Sabrina hat die Aufgabe, 60 Mädchen, aufgeteilt in Kleingruppen, in die Geheimnisse des Wunderlandes einzuweihen: „Wenn man den Wert so einer selbst gebauten Maschine ermitteln will, muss man die Arbeitszeit mit den Arbeitskosten verrechnen – und kommt dann bei dem A380 auf 15 000 Euro.“ Die Mädchen staunen. Nicht wenige von ihnen haben das Miniatur Wunderland schon besucht. Aber dieses Mal sind sie in anderer Mission unterwegs: Sie sind Teilnehmerinnen des schulübergreifenden Programms mint:pink, das Mädchen Lust auf Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, kurz MINT machen will.

Technik am Zug

Nichts geht im 2 300 Quadratmeter großen Wunderland ohne Technik und Informatik. Das wird den Neuntklässlerinnen schnell klar. Sie erfahren, wie die Flugzeuge über GPS und Magnetbänder gesteuert werden und blicken hinter die Wolken auf einen Schattenflughafen. „So nennen wir Etagen unter der Anlage, die für die Gäste unsichtbar sind und auf denen die Flugzeuge ganz entspannt von einer zur anderen Wolke wechseln können“, erklärt Sabrina. Die Schülerinnen schauen auch auf einen Schattenbahnhof unter der Schweiz: „Wir haben 950 Züge auf der gesamten Anlage, aber nur 250 Züge fahren gleichzeitig“, erklärt Wunderland Guide Kim das Gewimmel aus Gleisen, Zügen und Weichen auf mehreren Ebenen. 

Informatikerinnen gefragt

„Fahren die Züge von alleine los?“, will Nicole, Matthias-Claudius-Schülerin wissen. „Ja“, sagt Kim, „wir haben ein vorprogrammiertes System. Am Leitstand wird nur geprüft, ob jeder Zug auch wirklich seinen nächsten Streckenabschnitt erreicht.“ Nicole findet das spannend. Die 14-jährige interessiert sich für Programmiersprachen und belegt das Fach Informatik seit der achten Klasse. Damit hätte sie bei einer späteren Bewerbung im Miniatur Wunderland gute Karten: „An den Computern am Leitstand haben wir nur eine einzige Frau. Wir würden aber gerne mehr einstellen“, sagt Birte Rüsch, die im Wunderland für Marketing und Pressearbeit zuständig ist.

Mit Bildern brechen

Das Miniatur Wunderland hat aber nicht 130 Mädchen aus neun unterschiedlichen Gymnasien* an zwei Vormittagen zu sich eingeladen, um Nachwuchskräfte zu gewinnen. „Wir bilden ja gar nicht selbst aus“, unterstreicht Rüsch. Es gehe darum, dem gängigen Bild vom männlich geprägten Modellbau etwas entgegenzusetzen. „Mädchen für Technik zu begeistern, ist ein hehres Ziel, das wir teilen, auch wenn wir den Erfolg nicht messen können.“ Dafür ist das Interesse der Mädchen durchaus greifbar: „Wie viele Gleise unterirdisch verlaufen, wie alles gesteuert wird, die ganze Lichtanlage, das ist cool“, schwärmt Maria, Schülerin vom Gymnasium Oberalster.

Welt der Wunder

Ihre Klassenkameradin Nadja kennt das Wunderland schon aus früheren Besuchen.  „Aber bisher habe ich alles nur von oben gesehen.“ Der Blick hinter die Kulissen und auf neue Details habe Perspektiven eröffnet. „Allein am Flughafen sind es 15 000 Figuren – nicht wenige stehen am Abgrund.“ Nadja lacht. Nicole lächelt. Die Schülerinnen wollen von der Fluggerätmechanikerin wissen, warum sie sich für diesen Beruf entschieden hat. Schon als Kind habe sie mit dem Vater am Motorrad geschraubt und für Flugzeuge geschwärmt, sagt sie. „Es war von Anfang an klar, dass ich kein Bürojob machen würde.“  Kristin Bakonyi, Personalerin bei Lufthansa Technik und zuständig für die Azubiauswahl wünscht sich mehr junge Frauen im Technik-Team: „Viele Mädchen scheuen sich, daher finde ich das mint:pink Programm auch so super.“ Lufthansa Technik ist einer von 30 Partnern, den die mint:pink Mädchen in den nächsten Monaten in Kleingruppen besuchen werden. Original statt Miniaturmodell.

Leseempfehlung