Ein gutes Fundament
24.05.2023

Ein gutes Fundamentmint:pink zu Besuch im Geotechnischen Labor an der TU Hamburg

Ein tiefes Dröhnen, die Vibrationen deutlich spürbar. Die Neuntklässlerinnen schauen sich verwirrt um. „Da passiert gerade Geotechnik“, unterbricht Göta Bürkner ihren Vortrag. Und meint damit die große Baustelle nebenan. Wo gerade ein Gebäude abgerissen wurde, kommt im historischen Teil von Harburg zunächst der Kampfmittelräumdienst, danach haben die Archäologen Vorgrabungsrecht, die weitere Erklärung der Diplom-Geologin. „Die setzen jetzt eine Spundwand und Bohrpfahlwand, um die angrenzenden Gebäude zu schützen. Es kann also heute etwas lauter werden.“ In der Außenstelle der Technischen Universität Hamburg hat man sich bereits daran gewöhnt und ist am Institut für Geotechnik und Baubetrieb auch thematisch dicht dran am Geschehen in der Nachbarschaft. Nicht abreißen, sondern aufbauen lautet das Motto für den Besuch der Schülerinnen im Rahmen des Mädchen-Mut-Machprogramms mint:pink an diesem Vormittag.

Die Gesetze der Bodenmechanik 

Der Arbeitsauftrag an die Luisen-Gymnasiastinnen klingt zunächst einfach. Doch Sand, Wasser, Gase ist ein vielseitiges, überraschendes und leicht zu unterschätzendes Gemisch, wie sich im Verlauf des Tages herausstellt. „Locker gelagert nennen wir das“, erklärt Markus Banduch seine Vorführung. Wo der Metallstab mit Gewinde eben noch fest im Sand verankert zu sein schien, quillt nach kurzer Erschütterung nun Wasser an die Oberfläche und macht aus festem Boden flüssigen Matsch. Der ehemalige Labortechniker ist trotz Ruhestand extra für den Besuch der Schülerinnen gekommen, die die Darbietung zur Bodenmechanik mit großem Applaus quittieren. „Die Liebe zum Boden führt mich immer wieder hierher.“ Bei so viel Leidenschaft für ein Thema habe man wenig Ruhe, ergänzt Banduch mit einem Augenzwinkern. Begeisterung für MINT bei den Mädchen wecken, auch das Anliegen des Programms der Initiative NAT.

Vom schiefen Turm zu Pisa zur selbstgebauten Sandburg

Nach den Gesetzen folgen nun die Materialien für das Bauvorhaben. Bürkner hält eine Laborspritzflasche hoch. Die Kapillarkraft des Wassers macht den Sand gut formbar. Wasser ist euer Helfer heute, weist die Laborleiterin die Mädchen an und verteilt Kittel, Arbeitsblätter und Eimer mit Sand an die Gruppen. Die Burg möglichst hoch und trotzdem tragfähig zu bauen - eine echte Herausforderung. „Wir brauchen mehr Power! Wir müssen den Boden richtig gut verdichten“, weist Cleo ihre Mitschülerin Anna-Lena an. Ein breites Fundament ist hier die Überlegung, der Turm mit 16,7cm entsprechend flach. Salami-Taktik hingegen bei Lara und Emilia, die ausgeschnittene Stofffetzen zwischen die Sandschichten verbauen. „Nicht wirklich eine Taktik, aber wir haben uns gedacht, dass das dann nicht wegrutscht“, geben die beiden 15-Jährigen zu. Stolze 27,5cm misst ihr Turm am Ende – Tagesrekord.

Das Maximum erreicht

Gähnende Leere in den Eimern, zufriedene Blicke bei den Schülerinnen. Die Prognosen zur Tragfähigkeit der eigenen Bauwerke bei allen Gruppen dennoch verhalten. Nun geht es zur Messstation und den Sandburgen an die Substanz. Banduch lässt die Kraftmessdose langsam auf die Spitze des ersten Sandturms zu fahren. Beeindrucktes Staunen bei Frida, Fritzi, Lotta und Fabi – bei 12,96kg ist Schluss, das Maximum erreicht. 6kg war der Schätzwert der Vier. „Baufällig, aber sie steht“, kommentiert Lotta. Und Frida lacht: „Wir sollten vielleicht keine Häuser bauen“. Doch es geht noch mehr, 37kg schafft die Burg von Lara und Emilia, bevor sich feine Risse bilden und die Maschine aufgibt. Die Erwartung im Vorfeld war auch diesmal viel niedriger: „Ein bisschen mehr Mut und Vertrauen in das, was ihr tut“, resümiert Banduch an die Mädchen gewandt. Ein Rat, den sich die Schülerinnen für ihre Zukunft zu Herzen nehmen.

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