Groß forschen, Grün fördern:
09.05.2023

Groß forschen, Grün fördern:clean:tech geht dem Programm „Green DESY“ nach

Nelken und Thymian auf dem Dach, Wilder Wein und Waldrebe an der Stahlkonstruktion davor – Halle 36 hat es in sich. „Vorbereitungshalle“ lesen die Jugendlichen auf einem Hinweisschild und wollen wissen, was es damit auf sich hat. Eine Art Riesen-Werkstatt für die großen Beschleunigeranlagen, für die das Deutsche Elektronen-Synchrotron DESY weltweit steht, wie Kathrin Schulz erklärt. Die promovierte Physikerin gehört zum Team für Nachhaltigkeit auf dem Forschungscampus. An diesem Aprilvormittag hat sie Teilnehmer des NAT-Programms „clean:tech“ zu Gast und Halle 36 ist die erste Station: Mehr als 4.600 qm Grünfläche, die innen kühlt, außen Regenwasser auffängt und für Biodiversität sorgt. „Die Halle ist wirklich riesig“, betont Schulz. Und sie ist erst der Anfang: Ein Campusplan zeigt weitere grün eingezeichnete Gebäude, die bald Boden, Biotope und Bienen tragen sollen. „Das wiegt schwer, man muss sehr sorgfältig auswählen, was funktioniert“, so Schulz.

Ein halber Hektar Hochkant-Wiese

Aber bisher ist es frisch auf dem Campus und das Grün krabbelt langsam: Zwischen der Zukunftsvision im Netz und der begrünten Forschungshalle vor Ort klafft noch eine Lücke aus Kiwi, Clematis und jeder Menge Efeu. Letzterer wollte lieber in die Breite als in die Höhe wachsen, wie Schulz erzählt: „Der Efeu bildet die Kletterfüßchen nicht so richtig aus, so dass wir ihn erst mal festgebunden haben.“ Beine gemacht hat sie ihren jungen Gästen aber schon vorab mit einer interaktiven Präsentation der Stabstelle für Nachhaltigkeit. Dass der Forschungscampus inzwischen ganz auf Ökostrom setzt, ist die gute Nachricht. Und dabei so viel Strom benötigt wie 50.000 Haushalte sei eine Besonderheit supraleitender Technologien, wie Avid schon im Vorwege herausgefunden hat. „Gefühlt haben wir uns mehr auf den Termin heute vorbereitet als auf die Deutscharbeit, die wir davor geschrieben haben“, verrät der Zehntklässler, der die Gyula Trebitsch Schule besucht.


Rätselraten um Chat GPT 

Aber keine noch so gute Vorbereitung kann jedes Rätsel lösen, das der Bot „Chat GPT“ aufgibt: Schulz hat das KI-Tool beauftragt, Sechszeiler über Begriffe zu verfassen, die selbst nicht genannt werden dürfen. Dabei herausgekommen ist alles andere als ein Gedicht, aber für die Jugendlichen doch viel Ratespaß, der beim Klimawandel leicht, bei der Mobilität schwer fällt. Wie viel CO2 die Nachhaltigkeitsmanagerin für ihre Präsentation von der Google-Suche bis zur Tasse Kaffee verbraucht hat, auch das ein spannendes Thema, wenn auch noch mit Leerstellen: „Zu Chat GPT habe ich noch keine Daten gefunden“, sagt sie. Vielleicht ja ein Rechercheauftrag für die clean:tech Interessierten, die aber auch in der Anlagentechnik gefragt sind: Wie eine ausgeklügelte Kältetechnik für verlustfreien Stromtransport sorgt, lernen die Jugendlichen im zweiten Exkursionsteil. Ein Kreislauf: Flüssiges Helium nahe dem absoluten Nullpunkt versorgt die Experimente, kommt gasförmig zurück, wird neu verdichtet, gereinigt und abgekühlt, erklärt Torben Serk. „Die Wärme wird wieder entkoppelt, dann dem Heizungssystem zugeführt und somit ein zweites Mal genutzt“, so der Elektrotechniker.

Zwei Kelvin und ein prima Arbeitsklima 

Unter dem Kontrollraum, wo zig Bildschirme dicke, thermisch isolierte Leitungen im Blick haben, ist das eine durchaus sinnliche Erfahrung. „Wie laut das ist, brummt und vibriert, das fand ich erstaunlich“, sagt Lena. Ihr Mitschüler Dean zeigt sich auch von der Theorie dahinter beeindruckt: „Ich hatte vorher keinen Plan davon, ich wusste nicht mal, dass man Helium fürs Kühlen nimmt“, gibt er zu. Was auch nicht klar war: Dass der Nachwuchs derart gefragt ist. „Per Rundmail wurden schon zukünftige Monteure, Tischler, Schlosser im Bekanntenkreis von DESY-Mitarbeitern gesucht“, hat Lehrerin Frauke Lrhorfi erfahren und ist sich sicher: „Vor Ort spüren, wie das Arbeitsklima ist und wissen, wen man später ansprechen kann, das nehmen die Jugendlichen mit von so einem Tag“.

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