Weit unter zwei Grad
17.09.2019

Weit unter zwei Grad Shell Manager stellt sich Schülerfragen auf dem kk19

Herzklopfen an der HAW Hamburg: Als Jens Müller-Belau zuletzt die Aula der Hochschule für Angewandte Wissenschaften betrat, ging es um seine Zukunft, genauer sein Abschneiden bei den Abschlussklausuren im Chemieingenieurstudium. Viele Jahre später geht es um die Zukunft der Menschheit, ihren wachsenden Energiehunger und wie dieser mit einem gewaltig verkleinerten CO2-Fußabdruck gestillt werden könnte. Es ist der Abschluss des Schüler-Klimakongresses kk19, Müller-Belau steht auf der Bühne, vor ihm rund 200 Jugendliche, die schon einige Vorträge, Workshops und Experimente hinter sich haben. Was soll der „Shell Energy Transition Manager“ da noch mit auf den Weg geben? „Wir als Shell, ich als Jens, ich habe nicht alle Antworten“, sagt Müller-Belau.

Der größte Investor in erneuerbare Energien

Das erklärt nicht nur den englischsprachigen Titel seines Kurzvortrags, „There is no silver bullet“, es gibt keinen Königsweg. Das ist auch entwaffnend ehrlich. Denn für die Schüler ist das „Unternehmen mit dem Tankstellen-Image“ eines, das nach wie vor auf fossile Brennstoffe, wie Gas und Öl setzt. „Das ist ein Prozess, das geht nicht von heute auf morgen“, erklärt Müller-Belau die Notwendigkeit eines Wirtschaftsunternehmen weiterhin Geld zu verdienen, um es überhaupt in neue Technologien investieren zu können. Aber die Zielvorgabe stehe: „Wir werden im kommenden Jahrzehnt pro Jahr durchschnittlich drei Milliarden Dollar in erneuerbare Energien investieren.“ Ein Schüler meldet sich: „Shell hat schon 1991 konstatiert, dass es den Klimawandel gibt und vorgegeben, auf erneuerbare Energien umschwenken zu wollen. Warum sehe ich bis heute so wenig?!“

Die brennendste Frage

Müller-Belau kann die Internetrecherche des Kongressteilnehmers nur bestätigen: „Wir hatten tatsächlich als Shell Ende der 90iger ein Solarbusiness, haben in Wind investiert und es gab fantastische Biogas-Technologien.“ Das Problem: Das alles sei damals noch nicht wirtschaftlich gewesen. Aber jetzt, wo die die Technologiereife besser sei, investiere das Unternehmen wieder in die erneuerbaren Energien. Sophie vom kk19-Vorbereitungsteam überzeugt das noch nicht. „Warum gehen Sie nicht zu einer NGO, die konkret etwas tut. Was motiviert Sie, bei Shell zu bleiben?“, will die Elftklässlerin wissen. Eine persönliche Frage, aber sie bringt Müller-Belau keinesfalls aus der Ruhe: „Die Energiewende muss auch durch große Unternehmen getrieben werden, die in der Lage sind, Milliarden in die Hand zu nehmen und Skalierbarkeit zu schaffen. Genau das tun wir und deswegen bleibe ich beim Unternehmen.“

Der wichtigste Schlüssel

Skalierbarkeit ist einer der Schlüsselbegriffe auf dem Klimakongress, denn ohne die Fähigkeit des Systems zum Wachstum wird die Energiewende nicht zu schaffen sein. „Mehr Energiebedarf weltweit decken und gleichzeitig weit unter dem Zwei-Grad-Ziel bleiben, das bedeutet gravierende Änderungen für das Energiesystem“, so Müller-Belau. Sein Arbeitgeber hat dafür Szenarien entwickelt, wonach auch zukünftig Gas und Öl eine Rolle spielen – das verursachte CO2 dieser fossilen Energieträger müsse dann durch zusätzliche Maßnahmen neutralisiert werden. „Beispielsweise in Verbindung mit Wasserstoff als speicherbares Methan.“ Mit anderen Worten, neue systemintegrierende Technologien sind so gefragt wie Verhaltensänderungen – beim privaten Energieverbrauch wie in einem Global Player. „Wir müssen vielleicht noch mehr darüber kommunizieren, was wir tun“, resümiert Müller-Belau nach seinem Auftritt. Auch gegenüber dem Nachwuchs: „Ich bin wohl der erste Shell Manager, der sich so vielen Schülern gestellt hat.“ Erfolgreich, finden Sophie und ihre Teamkollegen.

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